Die Ausstellung "Betrifft: Aktion 3. Deutsche verwerten ihre jüdischen
Nachbarn." dokumentiert erstmals Unterlagen deutscher Finanzbehörden,
die die massenhafte Versteigerung jüdischen Eigentums belegen.
Vor ihrer Deportation in die Vernichtungslager, die 1941 begann, mussten
die Juden eine schriftliche Vermögenserklärung abgeben. Daraufhin
zog der Staat ihren Besitz ein und versteigerte ihn öffentlich
auf Auktionen, die vorher in der Lokalpresse angekündigt wurden
und im gesamten deutschen Reichsgebiet stattfanden. Unter dem Hammer
kamen dabei nicht nur Vermögen und Immobilien, sondern auch Alltagsgegenstände
wie Küchenstühle, Spielsachen, Teppiche und Kleider. Zu den
neuen Besitzern zählten neben Instituten, Unternehmern und staatlichen
Behörden vor allem Privatleute.
Gerade diese Tatsache illustriert, dass nicht nur einzelne Täter
die weit gefächerte Vernichtung der Juden betrieben, sondern vielmehr
große Teile der Bevölkerung zu ihr beitrugen und von ihr
profitierten. Jeder wusste, dass es sich um jüdisches Eigentum
handelte spätestens beim Blick auf die Quittung. Und genau diesen
Sachverhalt möchte die Ausstellung Betrifft: Aktion
3 - Deutsche verwerten ihre jüdischen Nachbarn verdeutlichen.
Daher sind weder die Namen der Opfer noch der Täter geschwärzt.
Denn Ausreden wie Wir haben doch von all dem nichts gewusst
verlieren ihre Glaubwürdigkeit, wenn beispielsweise der Apotheker
Theo Nettesheim Interesse an dem Einfamilienhaus Eichendorffstraße
43 anmeldet. Er und viele andere - das veranschaulichen diese Anfragen
- gehen nicht von einer Rückkehr der jüdischen Eigentümer
aus.
Jeder konnte sich an der Arisierung des jüdischen Besitzes
beteiligen, wie die Familie Schumacher, die 5 Damenhosen, 5 Kissenbezüge,
1 Schüssel, 2 Kleider und 1 Bettstelle mit Matratze
erstand. Die so erworbenen Arisierungsgewinne von Millionen Deutschen,
die in der deutschen Öffentlichkeit bisher kaum ein Thema waren,
sollen deshalb nicht nur mit Hilfe unpersönlicher Statistiken belegt
werden.
Die Veröffentlichung der Akten wird allerdings aus zweierlei Gründen
von den Ämtern und den Politikern verhindert. Zum einen aus Furcht
vor Entschädigungsforderungen der Opfer. Nach 1945 regelten teilweise
dieselben Finanzbeamten die Wiedergutmachungsansprüche der Überlebenden,
die vorher das jüdische Hab und Gut verscherbelt hatten. Zum anderen
wird blockiert, um die Täter zu schützen. Deswegen wurde die
Verwertung des jüdischen Eigentums kurzerhand zu Steuervorgängen
erklärt, obwohl es sich bei den Erlösen aus den Versteigerungen
eindeutig nicht um Steuern handelt. Damit reagierte man auf die 1988
vorgenommene Änderung des Bundesarchivgesetzes, das für Akten,
die dem Steuergeheimnis unterliegen, eine 80 jährige Sperre vorsieht
- deutlich länger als der hier eigentlich angebrachte Personenschutz
von 30 Jahren.
Die Schnäppchenjäger drängelten sich in den
Messehallen in Köln-Deutz oder auf dem Schlachthof in Düsseldorf,
in den Dörfern teilweise sogar direkt vor den Wohnungen der deportierten
Menschen. Die auf gesetzlicher Grundlage beruhenden Käufe wurden
dann akribisch genau von den Finanzbeamten abgerechnet und in den Akten
vermerkt. Dieses Material hat sich der Politikwissenschaftler Prof.
Dr. Wolfgang Dreßen, Leiter der Arbeitsstelle für Neonazismus
an der Fachhochschule Düsseldorf, zu Nutze gemacht und eine Ausstellung
konzipiert, die durch eine Vielzahl von Einzelbeispielen die Mitschuld
des kleinen Mannes sichtbar macht.