Die Faszination Theater ließ mich wegen eines
einzigen Stückes, welches mit Pausen allerdings 12 Stunden dauerte,
mit dem Auto nach München reisen. Die Reise lohnte in zweierlei Hinsicht.
Zum einen einer wahrlichen Theatersensation - nämlich Luk Persevals
Shakespeareadaption der Rosenkriege Schlachten - beizuwohnen
(ich war anschließend so benommen, dass die vierstündige Rückfahrt
fast unbemerkt an mir vorüberging) und zweitens bei der Hinfahrt
eine Hörspielfassung von Ödön von Horvaths Sladek
oder die schwarze Armee im Radio zu verfolgen.
Die Geschichte des jungen Mannes Sladek zu Beginn der Weimarer Republik
faszinierte mich, weil die Parallelen seines Konflikts bezüglich
der Faszination und Motivation von Gewalt und unseres Lebens und Arbeit
heute mich erstaunten. So motiviert reifte in mir der Plan, diesen Stoff
im Rahmen des Projektes Augen auf- Zivilcourage zeigen zu verwirklichen.
Partner waren schnell gefunden. Der Schauspieler Olaf Bretschneider
übernahm die Regie und junge Laienschauspieler von den bestehenden
Theaterprojekten des Multikulturellen Zentrums Zittau und des Begegnungszentrums
in Großhennersdorf freuten sich über die neue Aufgabe.
Anfang September begannen die Proben abwechselnd in den o.g. Häusern,
welche ihren Höhepunkt in einer gemeinsamen Reise nach Niedamirow
ins Dreikulturenhaus Parada ihren Höhepunkt hatten.
Parallel wurde der passende Sound kreiert, das Bühnenbild entworfen
und gebaut sowie Plakate und Flyer designt und am 9. November war es
dann soweit: die Premiere fand im Begegnungszentrum Großhennersdorf
statt, inklusive Chaos, Herzklopfen und des obligatorischen Premierenunfalls
(in Form einer herunterfallenden Wanduhr).
Die Reaktion des Publikums war sehr positiv, sowohl was die Leistung
der Schauspieler betrifft als auch die Auswahl des Stückes im Rahmen
der Intiative. Das Stück wurde acht Mal im Landkreis Löbau-Zittau
gespielt und wird im Juni 2003 eine kleine Tournee durch Sachsen antreten.
Dies hat uns bestärkt, eine eigene kleine Theaterkompanie zu gründen
und den eingeschlagenen Weg fortzusetzen: im Mai 2003 mit einem Stück
von Dillan Thomas: Der Milchwald und im Herbst 2003 die
Vanek Trilogie von Vaclav Havel.
Karl- Heinz Reiche