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Greifen Sie zu.
Etwas mit dem Geruchsinn aufnehmen.
Einatmen, schnüffeln, erfahren.
Schnuppern Sie rein.
 

 

2003

 
 
 

DEUTSCHE VERWERTEN JÜDISCHE NACHBARN

Ausstellungsort:
Foyer der Fachhochschule Potsdam,
Fr.-Ebert-Str. 4
Zeitraum: 11.04. - 14.05. 2003

Die Ausstellung "Betrifft: Aktion 3. Deutsche verwerten ihre jüdischen Nachbarn." dokumentiert erstmals Unterlagen deutscher Finanzbehörden, die die massenhafte Versteigerung jüdischen Eigentums belegen.
Vor ihrer Deportation in die Vernichtungslager, die 1941 begann, mussten die Juden eine schriftliche Vermögenserklärung abgeben. Daraufhin zog der Staat ihren Besitz ein und versteigerte ihn öffentlich auf Auktionen, die vorher in der Lokalpresse angekündigt wurden und im gesamten deutschen Reichsgebiet stattfanden. Unter dem Hammer kamen dabei nicht nur Vermögen und Immobilien, sondern auch Alltagsgegenstände wie Küchenstühle, Spielsachen, Teppiche und Kleider. Zu den neuen Besitzern zählten neben Instituten, Unternehmern und staatlichen Behörden vor allem Privatleute.
Gerade diese Tatsache illustriert, dass nicht nur einzelne Täter die weit gefächerte Vernichtung der Juden betrieben, sondern vielmehr große Teile der Bevölkerung zu ihr beitrugen und von ihr profitierten. Jeder wusste, dass es sich um jüdisches Eigentum handelte spätestens beim Blick auf die Quittung. Und genau diesen Sachverhalt möchte die Ausstellung „Betrifft: ‚Aktion 3 - Deutsche verwerten ihre jüdischen Nachbarn” verdeutlichen. Daher sind weder die Namen der Opfer noch der Täter geschwärzt. Denn Ausreden wie „Wir haben doch von all dem nichts gewusst” verlieren ihre Glaubwürdigkeit, wenn beispielsweise der Apotheker Theo Nettesheim Interesse an dem Einfamilienhaus Eichendorffstraße 43 anmeldet. Er und viele andere - das veranschaulichen diese Anfragen - gehen nicht von einer Rückkehr der jüdischen Eigentümer aus.

Jeder konnte sich an der „Arisierung” des jüdischen Besitzes beteiligen, wie die Familie Schumacher, die „5 Damenhosen, 5 Kissenbezüge, 1 Schüssel, 2 Kleider” und „1 Bettstelle mit Matratze” erstand. Die so erworbenen Arisierungsgewinne von Millionen Deutschen, die in der deutschen Öffentlichkeit bisher kaum ein Thema waren, sollen deshalb nicht nur mit Hilfe unpersönlicher Statistiken belegt werden.

Die Veröffentlichung der Akten wird allerdings aus zweierlei Gründen von den Ämtern und den Politikern verhindert. Zum einen aus Furcht vor Entschädigungsforderungen der Opfer. Nach 1945 regelten teilweise dieselben Finanzbeamten die Wiedergutmachungsansprüche der Überlebenden, die vorher das jüdische Hab und Gut verscherbelt hatten. Zum anderen wird blockiert, um die Täter zu schützen. Deswegen wurde die Verwertung des jüdischen Eigentums kurzerhand zu Steuervorgängen erklärt, obwohl es sich bei den Erlösen aus den Versteigerungen eindeutig nicht um Steuern handelt. Damit reagierte man auf die 1988 vorgenommene Änderung des Bundesarchivgesetzes, das für Akten, die dem Steuergeheimnis unterliegen, eine 80 jährige Sperre vorsieht - deutlich länger als der hier eigentlich angebrachte Personenschutz von 30 Jahren.

Die „Schnäppchenjäger” drängelten sich in den Messehallen in Köln-Deutz oder auf dem Schlachthof in Düsseldorf, in den Dörfern teilweise sogar direkt vor den Wohnungen der deportierten Menschen. Die auf gesetzlicher Grundlage beruhenden Käufe wurden dann akribisch genau von den Finanzbeamten abgerechnet und in den Akten vermerkt. Dieses Material hat sich der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Wolfgang Dreßen, Leiter der Arbeitsstelle für Neonazismus an der Fachhochschule Düsseldorf, zu Nutze gemacht und eine Ausstellung konzipiert, die durch eine Vielzahl von Einzelbeispielen die Mitschuld des „kleinen Mannes” sichtbar macht.
 
 
 
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